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Was ist das? OK - es ist erst April und da darf es auch in Griechenland mal regnen und der Himmel mit grauen Wolken verhangen sein. Angesichts des Wetters, das uns nicht nach draußen lockt, entscheiden wir uns für ein gemütliches Hotelfrühstück. Da wir anscheinend die einzigen Gäste sind und am Vortag offensichtlich die Sympathie des Chefs errungen haben, gibt er sich erfolgreich alle Mühe, uns zu verwöhnen und bringt nach und nach

  • Brot (ganz frisch, erst vom Bäcker geholt, als wir schon sitzen)
  • Marmelade, Butter, Honig (das übliche)
  • Kaffee, Kakao (zubereitet nach Wunsch)
  • Spiegelei und Omelett mit Schinken (zubereitet nach Wunsch, jeweils mind. 3 Eier)
  • Oliven und Féta-Käse
  • Obst (Äpfel und Mandarinen)
  • Halvá (ein etwas trockenes Honig-Sesam-Gebäck)

Erst als wir abwinken, hört er auf, neues zu servieren. Viel zu satt fahren wir nach Vólos, finden im dortigen Verkehrschaos mit viel Geduld einen Parkplatz und bummeln lange durch die Fußgängerzonen der Stadt. Da die Wolken an der Westseite der Berge festzukleben scheinen, schlage ich vor, höher hinauf zu fahren, vielleicht auch auf die andere Seite, um dort eventuell besseres Wetter zu finden.

Als wir in Makrinítsa ankommen, hat immerhin der Regen aufgehört. Wir lassen den Wagen vor dem Ortseingang stehen (gezwungenermaßen, da es im Ort nur enge Wege und Treppen gibt) und können dort direkt miterleben, wie die Mulis ihr tägliches Brot als Lastenträger für Baumaterial verdienen. Der Dorfplatz mit seinen sechs gigantischen Platanen ist bei jedem Wetter einen Besuch wert. In der kühlen, feuchten Luft bekommen wir schon bald Lust auf etwas Warmes, deshalb kehren wir in ein Gasthaus ein, wo in dem großen, zweigeschossigen Gastraum ein offenes Feuer im Kamin lodert und eine gemütliche Winterurlaubs-Stimmung verbreitet. Erwärmt von einem griechischen Kaffee und einem heißen Kakao machen wir uns wieder auf den Weg - die Wolken haben sich inzwischen verdichtet und ziehen rasch den Berg hinauf, so dass Makrinítsa innerhalb weniger Minuten in undurchsichtigen Nebel gehüllt ist.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein.
Kein Baum sieht den andern,
jeder ist allein.
(Hermann Hesse)

Die "Flucht" vor dem Regen treibt uns weiter den Pílion hinauf und tatsächlich: Ab Chánia wird es klarer und milder, trotz der Höhe von 1200 Meter. In dieser Höhe finden sich noch kleinere Schneereste, aber weiter unten sind die Osthänge der Berge bereits überzogen von unzähligen blühenden Apfelbäumen und dem frischen Hellgrün ausgedehnter Buchenwälder.

So gelangen wir schließlich nach Ágios Ioánnis, einem kleinen Ort an der Ostküste, der während der Badesaison zu prallem Leben erwacht, jetzt im Frühling jedoch einen eher verschlafenen Eindruck macht. In einem "Super Market" kaufen wir Apfel- und Obststrudel sowie Getränke - ein kleiner Imbiss zwar nur, aber nach dem Extrem-Frühstück absolut ausreichend - und lassen uns mit diesem Proviant am Strand nieder. Außer einem zutraulichen Hund, der sich darüber freut, dass jemand da ist, der mit ihm spielt, sind im Laufe der Zeit kaum mehr als eine Handvoll Leute am Strand zu sehen. Die Sonne ist nicht intensiv, aber es ist angenehm warm und die außerordentliche Ruhe am Strand und auf der Straße wirkt ungemein entspannend.

Am späten Nachmittag treten wir den Rückweg an und fahren über Tsangaráda und Miliés nach Kalá Nerá zurück. Für die zwölf Kilometer Luftlinie, die Ágios Ioánnis von Kalá Nerá trennen, benötigen wir auf der 45 Kilometer langen Straße ca. 1½ Stunden - verständlich, wenn man bedenkt, dass das längste kurvenfreie Teilstück dieser Strecke maximal 100 Meter beträgt. Die Kurven zu zählen, wäre ein genauso aussichtsloses Unterfangen, wie die Anzahl der Quellen, Bachläufe und Wasserfälle, die wir während der Fahrt durch die üppig grünen Wälder passieren.

Die Wälder waren wie der Wald von Lothlórien, nur dichter, stärker und jünger. Und wie würzig die Luft war! Manchmal tat ich eine ganze Woche lang nichts als atmen.
(John Ronald R. Tolkien)

Am Abend gehen wir wieder ins "O Paris". Der Vorspeisenteller ist mit Sardinen statt Räucherfischen variiert und der Tsípouro wird genauso großzügig serviert wie am Vortag. Als Hauptspeise folgt Briám (ein Eintopf aus verschiedenen Gemüsen und Kartoffeln, in Öl geschmort und pro Teller mit etwas Käse überbacken) und Schnitzel à la crème (wofür die Griechen das schöne Wort "snítsel" übernommen haben), verdünnt mit einer Flasche Mythos bzw. Coke. Das Briám ist zwar schmackhaft, gilt aber selbst in der griechischen Küche als ölreich und das will schon was heißen.

Die dünnen Wolken wirken wie eine Decke, so dass es auch nach Sonnenuntergang kaum abkühlt, entsprechend angenehm ist der Spaziergang durch das Dorf. In der Kirche findet gerade ein Gottesdienst statt und da es bei den stundenlangen orthodoxen Zeremonien üblich ist, dass ständig jemand herein- oder herausgeht, falle ich nicht weiter auf. Gerade während ich die Kirche betrete, ist der Pope damit beschäftigt, bei einem Gang durch die Reihen alle Gläubigen zu segnen. Der Weihrauchverbrauch dieser Aktion ist immens, und da er mich offensichtlich als Tourist erkennt und ich es wohl deshalb in seinen Augen besonders nötig habe, bekomme ich gleich die dreifache persönliche Dosis. Der meditative Gesang der Liturgie wird per Lautsprecher nach draußen übertragen und hallt durch alle Straßen des Dorfes - solche Beschallung kannte ich bisher nur bei den Muezzins.

Aus der Kirche drang mit den dunklen, weichen, tremolierenden Männerstimmen ein gemischter Duft von Wachs, Honig und Weihrauch, der wie der Geruch dieses Gesanges war.
(Hugo von Hofmannsthal)

Makrinítsa:


Schneeballschlacht:


Ágios Ioánnis:


Pílion: