Zagória / Épirus 25.08.2022

Zu den Bildern

In der Nacht regnet es und am Morgen liegt eine dichte, graue Wolkendecke über dem Land. Dazu weht ein böiger, frischer Wind. Während des üppigen Frühstücks überlege ich mir den Plan für den Tag. Angesichts der Wettersituation und Vorhersage verzichte ich auf einen Wandertag und fahre stattdessen nach Ioánnina, um zunächst dem dortigen Silberschmiedemuseum einen Besuch abzustatten. In der deutlich tiefer gelegenen Stadt ist es gleich 5°C wärmer als in den Bergen.

Ich hob den Fuß, um [...] mich nach dem kleinen Museum zu begeben.
(Hugo von Hofmannsthal)

Das Museum befindet sich innerhalb der Festung gegenüber der Fetije-Moschee in den Gebäuden einer ehemaligen Bastion. In der unteren Etage erfährt man viel über den Herstellungsprozess und die Verarbeitung des Silbers und selbst als Chemiker kann man hier noch etwas lernen. Wer weiß denn schon, wofür ein Silberschmied größere Mengen Teerpech benötigt? Oben werden Produkte aus Werkstätten der Region präsentiert. Liturgische Objekte verschiedener Religionsgruppen, Alltagsgegenstände wie Schalen, Dosen oder Besteck, Repräsentationsgegenstände der osmanischen Obrigkeit aus Verwaltung und Exekutive, dekorative Waffen und Schmuck bilden den Schwerpunkt der Ausstellung. Die renovierten Gewölbe des alten Gebäudes sind darüber hinaus für sich alleine schon sehenswert.

Als ich das Museum verlasse, regnet es leicht, was jedoch zu keinerlei Abkühlung, sondern zu einer drückenden Schwüle führt. Bei diesem Klima sollte man Hektik unbedingt vermeiden und so starte ich zunächst mit einem Kafé frappé in den gemütlichen Gassen des osmanischen Basarviertels in den weiteren Tag. Die Sonne setzt sich langsam mehr und mehr durch.

Die beiden Moscheen auf dem Festungsareal habe ich bei früheren Besuchen bereits besichtigt, doch existiert eine dritte Moschee in der Stadt, die ich bisher nicht kenne. Um zu ihr zu gelangen, spaziere ich die verkehrsreiche Hauptstraße aus der Altstadt hinaus bis zum Rathaus und biege dort nach links ab. Die von Ali Pasha für seinen Sohn Velí erbaute Velí-Pashá-Moschee liegt etwas vernachlässigt in einer kleinen Grünanlage und wird offensichtlich nicht genutzt. Benachbart liegt das renovierte Gebäude der ehemaligen Koranschule.

Wenige Schritte weiter gelange ich auf eine große, etwas erhöht gelegene Parkterrasse, von deren Begrenzungsmauer ich einen schönen Panoramablick über den östlichen Stadtrand, die Festungshalbinsel, den See und die dahinter befindlichen Berge habe. Für den Rückweg wähle ich eine Route durch das moderne Geschäftsviertel und spaziere dort durch die Straßen und Fußgängerzonen.

Die drückende Hitze und das langsame Bummeln machen müde und hungrig. Ich halte einige Zeit Ausschau nach einer ansprechenden Lokalität und kehre schließlich im "Amíntzou" ein. In der direkt an der Festungsmauer gelegenen Taverne lasse ich mir Tsatsíki, Lamm-Kontosoúvli und ein Mýthos-Bier schmecken. Für einen Verdauungsspaziergang habe ich das Seeufer nördlich der Festung vorgesehen. Auf den offenen Terrassen der hier ansässigen Tavernen haben die Gäste leidlich Mühe, ihre Siebensachen vor der Verwirbelung durch die kräftig wehende Seebrise in Sicherheit zu bringen.

Die Uferstraße endet leider bereits nach nur einem Kilometer auf einem unansehnlichen Schotterplatz, der in Höhe des Fernbusbahnhofs an die Ausfallstraße grenzt. Da ich ohnehin vorhatte, mich in der Stadt auf die Suche nach einer Flasche 18-Gráda-Tsípouro zu machen, nutze ich die sich bietende Gelegenheit. Ich bin die Straße bereits des Öfteren mit dem Auto gefahren und weiß deshalb von mindestens zwei großen Supermärkten in der Nähe.

Beide Märkte überzeugen mit einer großen Palette regionaler und einheimischer Produkte. Alleine die Auswahl an Olivenölen könnte einen durchschnittlichen Mitteleuropäer hoffnungslos überfordern. Auch das Angebot an Tsípouros bietet mit bis zu 18 verschiedenen Marken keinen Grund zu klagen. Leider ist ausgerechnet die von mir gesuchte nicht dabei. Statt zu verzweifeln, ermittele ich via Google Maps ein Spirituosengeschäft in der Innenstadt, mache es ausfindig und erhalte dort tatsächlich das gewünschte Produkt. Nach diesem Erfolg spaziere ich zum Auto zurück und begebe mich auf die Heimfahrt.

Das Dorf vor Monodéndri trägt den Namen Vítsa. Ich kenne es bisher nur von der Durchfahrt und mache nun einen Zwischenstopp, um es mir näher anzuschauen. Genau wie in Monodéndri befindet sich auch in Vítsa der zentrale Ortsplatz nicht direkt an der Straße, sondern etwas abseits von ihr und ist nur über grob gepflasterte Gassen zu erreichen. Die riesige dortige Platane lädt mit ihren mächtigen, fast waagerechten Ästen den Sohn einer anwesenden Familie zum Klettern ein und mir gelingt dadurch ein Foto mit dem lustigen optischen Effekt, dass Kopf und Bein aus dem Baum herauszuwachsen scheinen.

Jeder dieser Orte hat einen anderen Sauerstoff. Man atmet in jedem Dorf anders.
(Dennis Freischlad)

Der kleine Weiler ist rasch erkundet. Ein typisches Bergdorf, wie es sie in der Zagória viele gibt. Seit die Bewohner durch den aufstrebenden Tourismus ein Ein- und Auskommen haben, sind die meisten Häuser schön renoviert, adrett und geschmückt. Hinter dem höher am Hang gelegenen Dorfteil Áno Vítsa sammeln sich bereits wieder dunkle Wolken, die sich später jedoch weiter nördlich abregnen, sodass ich am Abend im Trockenen zum Essen gehen kann. Ich besuche die Taverne, welche meinem Hotel am nächsten liegt - ich traue dem Wetter nicht. Aufgrund des reichhaltigen Mittagessens genügt mir eine Ziegenfleischsuppe und ein Mámos-Bier.

Ioánnina:


Silberschmiedemuseum:


Ioánnina:


Vítsa: