Pílion / Thessaloníki 19.09.2020

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Der Sturm, von den Meteorologen inzwischen "Ianos" getauft, wütet die ganze Nacht. In der Früh lässt der Regen nach und es wird zusehends freundlicher, wenn auch weiterhin ein kräftiger Wind bläst. Gegen 10 Uhr symbolisiert ein Regenbogen das nahe Ende des Unwetters.

Am Vormittag fahren wir nach Ágios Lavréntios, einem etwas größeren Bergdorf an der Südwestflanke des Pílion. Ähnlich wie in Makrinítsa lassen wir den Wagen vor dem Ort stehen und spazieren hinein. Von Süden scheint die Sonne, doch nur wenige Meter oberhalb der Häuser hängen die Wolken drohend zwischen den Gipfeln und verleihen der Szenerie einen dramatischen Ausdruck. Nur gelegentlich fällt leichter Sprühregen.

Ágios Lavréntios ist ein Bergdorf wie aus dem Bilderbuch. Häuser, Mauern, Gassen und Treppen sind kompakt gebaut und geeignet, dem in dieser Höhe schneereichen Winter zu trotzen. Umso mehr fällt zu dieser Jahreszeit die paradiesische Natur auf. Überfluss, so weit das Auge reicht: Quitten, Weintrauben, Walnüsse, Lorbeer, Kastanien, Äpfel und sogar Kiwis finden wir, weiter unten am Hang waren uns bereits Kirsch- und Granatapfelbäume aufgefallen. Selbst die alten, verwilderten Reben an verlassenen Gebäuden vermögen kaum die Last ihrer Früchte zu tragen. Oleander und Blumen wachsen an jeder verfügbaren Stelle.

Dann kommt eine Bedeckung von Buchen, unter diesen Castanienwälder, weiter herunter Äpfel, Birnen, Pflaumen, Wallnüsse und Kirschbäume; noch tiefer Mandeln, Quitten, Feigen, Citronen, Orangen und überall ein Überfluß von Reben und Maulbeerbäumen.
(David Urquhart, 1839)

Am großen Dorfplatz befindet sich das Rathaus. Fünf Tavernen haben ihre Tische aufgestellt, doch da aus den alten Platanen noch das Wasser tropft, sitzen nur wenige Menschen dort und diese nur am Rand des Platzes unter den Vordächern. Schade, denn so wirkt der eigentlich sehr schöne Platz melancholisch leer. In den Wintermonaten herrscht in den Bergdörfern bestimmt eine bedrückende Stille, geht es mir bei diesem Anblick durch den Kopf.

Nach einem Spaziergang durchs Dorf fahren wir zum gleichnamigen Kloster, welches die Ansiedlung hier im 14. Jahrhundert begründet hat. Es steht für Besucher allerdings nur bis mittags offen und ist bei unserem Eintreffen leider bereits geschlossen. Unverrichteter Dinge kehren wir um und fahren hinab zur Küste. Hier ist es fünf Grad wärmer und angenehm sonnig. Der Hunger ruft.

Wir erinnern uns an den Ort Agriá, den wir südlich von Vólos an der Küstenstraße gelegen schon mehrfach durchfahren haben. Hier war uns eine Reihe von Tavernen ins Auge gefallen, die ihre Tische direkt am Wasser stehen haben - genauso, wie wir es mögen. Wir lassen den Wagen an der Dorfkirche stehen und finden rasch, was wir suchen: Die Oktopoden hängen in der Sonne, die Tische stehen im Schatten der Maulbeerbäume zwischen dem alten Schmalspur-Gleis und dem Ufer und es duftet appetitlich nach gebratenen Meeresfrüchten. Wir lassen uns gegrillten Oktopus, gebratene Sardellen (Gávros), Tsatsíki und Bier servieren und sind wieder glücklich.

Jeder Moment, den wir bewusst genießen, ist ein goldener Moment.
(Ferrero)

Wir kehren nach Kalá Nerá zurück, jedoch nicht bevor wir einen kleinen Verdauungsspaziergang entlang der Uferpromenade eingelegt haben. Der Nachmittag ist fortgeschritten und nach einer kleinen Siesta ist es uns für einen Strandbesuch bereits zu spät. Da die Portionsgröße in der Fischtaverne sehr ordentlich war, verspüren wir am Abend erneut keinen Drang zum Essen auszugehen. Wir besorgen uns im Supermarkt ein paar Mýthos-Bier und ziehen uns gemütlich auf den Balkon zurück. Es ist vollkommen windstill und am Himmel leuchten unzählige Sterne und eine ganz schmale Mondsichel.

Kalá Nerá:


Ágios Lavréntios:


Agriá:


Kalá Nerá: