Nach den zwei Strandtagen steht heute etwas mehr Aktivität auf dem Programm. Wir nehmen den Bus in die Stadt und mieten uns ein Quad. Als Erstes fahren wir zum Kloster Evangelístria, dem größten lokalen Kloster und dem einzigen, welches noch von Mönchen bewohnt wird. Es liegt in schöner waldreicher Lage am Osthang des höchsten Berges der Insel und ist - abgesehen von den Stränden - ihre einzige wirkliche Sehenswürdigkeit.
Das Kloster Evangelístria in Skiáthos ist in Griechenland weithin bekannt. Hier wurde im Jahre 1807 die neu entworfene Fahne Griechenlands entworfen und gewebt - ein weißes Kreuz auf himmelblauem Hintergrund, das bis heute das charakteristische Merkmal der Nationalflagge ist. Der Webstuhl, auf dem die Flagge gewebt wurde, wird im kleinen Klostermuseum ausgestellt.
Wie alle aktiven orthodoxen Klöster in Griechenland befindet es sich in bestem Zustand. Die Gebäude umschließen den Hof mit der zentralen Kreuzkuppelkirche, die mit einer holzgeschnitzten Ikonostase und alten Ikonen aufwartet. Natürlich fehlen die üblichen Votivgaben zum Dank für geheilte Gebrechen an der Marienikone nicht. Die für alle Gliedmaßen passend vorgestanzten Silberblech-Täfelchen kann man praktischerweise im Vorraum der Kirche käuflich erwerben.
Der Innenhof ist ein Refugium für Katzen und wird zur Kultivierung von Basilikum genutzt. Die daraus hergestellten Erzeugnisse können neben vielen anderen Eigenkreationen im Klostershop erworben werden. Neben Kräutern, Honig, Konfitüren, Pestos und allerlei Olivenprodukten sind es vor allem zahlreiche Brände und Liköre, die an Ort und Stelle hergestellt werden. Wir erwerben Oliven, Tsípouro sowie Nuss- und Kirschlikör.
Vom Kloster aus geht es weiter durch die Berge mit reizvollen Fernblicken bis zum nördlichsten Punkt der Insel. Zweihundert Meter vor dem Ziel parken wir das Quad und gehen bei Höchststand der Sonne die letzten Meter steil zum Kap hinab. Uns ist durchaus bewusst, dass wir später hier wieder hinauf müssen! Der Reiz der Nordküste verheißt, dass jeder Tropfen Schweiß sich lohnen wird.
Ich begriff, was es heißt: Wandeln im Licht.
(Erhard Kästner)
Auf dem Kap Kástro befinden sich die Überreste des früheren Hauptortes der Insel, der über 500 Jahre bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bewohnt war. Die exponierte Lage schützte vor Piratenüberfällen und der Ort wurde nach und nach zu einer Festung ausgebaut. Zu besten Zeiten gab es auf dem kleinen Areal etwa 300 Häuser, 22 Kirchen und eine Moschee! Von den Wohnhäusern ist kaum etwas erhalten, aber einige Kirchen wurden restauriert.
Auf dem Gelände sind einige interessante Informationstafeln angebracht und in der größten Kirche befinden sich original erhaltene alte Fresken. Wir erklimmen den Gipfel des Felsens, zu dessen Füßen sich der gleichnamige Strand erstreckt, welcher ein beliebter Zwischenstopp der Tagesausflugsboote ist. Der Großteil der Passagiere verbleibt unten, nur die wenigsten wagen den schweißtreibenden Aufstieg zum Kástro. Der Ausblick von hier oben auf das türkisfarbene Meer, die kleine Badebucht und die vorgelagerten Vogelfelsen ist jedoch sensationell.
Die Felsen brechen das Licht und reflektieren es nach oben und unten, so dass der Badende [...]
durch das blendend gebrochene Licht der [...] Sonne drei Faden tief hinab in das Wasser sehen kann, wo weder
Felsen noch Meerespflanzen das Spiel der Phantasie unterbrechen.
(Lawrence Durrell)
Bevor wir das steile und sonnendurchglühte Teilstück des Rückwegs in Angriff nehmen, erfrischen wir uns mit Kafé frappé in einer winzigen Taverne, wo wir mit einem Ehepaar aus Kreta in ein munteres Gespräch kommen. Mein Griechisch klänge ein wenig nach "Ancient Greek", wird mir gesagt. Ich nehme das als Kompliment - immerhin ist es also als Griechisch identifizierbar!
Auf dem Rückweg durch das unbewohnte Inselinnere erreichen wir die Südküste bei Katsarós, folgen von dort der Haupstraße nach Skiáthos-Stadt und fahren am Flughafen vorbei, um bei Xánemos ins Meer zu springen. Der leicht kiesige Strand, an dem die Straße endet, kann zwar mit dem Eliás-Strand nicht konkurrieren, ist aber durchaus annehmbar. Hier befindet sich ebenfalls eine kleine Taverne, in der wir frittierte Tintenfisch-Ringe und Tsatsíki essen. Die von der Bar ausgehende 80er-Jahre-Musik ist uns auf dem ansonsten ruhigen Strand durchaus nicht unangenehm.
Nach einiger Zeit schrecken wir durch einen plötzlichen Lärm auf und es wird uns erst jetzt bewusst, dass wir uns unmittelbar vor dem Ende der Startbahn befinden. Wegen eines kleinen Hügels hört man die startenden Jets erst, sobald sie mit maximalem Schub über diesen hinweg donnern. Das hindert einen zwar am eindösen, ist ansonsten aber ganz interessant und nicht wirklich störend, da maximal zwei Flieger pro Stunde abheben.
Kurz bevor die Sonne hinter den Hügeln versinkt, besteigen wir zum letzten Mal unser Quad und lassen uns nach dessen Rückgabe auf ein großes Mýthos an der Hafenpromenade nieder. Am Abend wird es lebhaft in der Stadt: Man flaniert, zeigt sich, schaut und will gesehen werden und die Kinder lassen ihrer in der Hitze des Tages aufgesparten Energie auf dem Platz vor der Hauptkirche freien Lauf.
Danach suchen wir eine Taverne am Alten Hafen auf, in der wir bereits am Dienstag einen Kokorétsi-Spieß am Drehgrill entdeckt und für heute vorgemerkt hatten. Die kross gegrillten Lamminnereien gehören zu den besten, die ich je gegessen habe. Die Teller sind großzügig gefüllt und auch der griechische Salat sowie die Extraportion Pommes sind üppig bemessen. Mit reichlich Wein und zwei Tsípouro kommen wir gerade mal auf 40 €. Gut, dass wir uns mit dem Bus nach Hause zurück chauffieren lassen können. Mit einem letzten Bier auf unserem Balkon beschließen wir den ausgefüllten Tag.