Das herrliche Badewetter hält an. Unser Tagesplan sieht für heute den Eliás-Strand vor, einen von zwei großen Stränden in der Goúrnes-Bucht an der Nordküste. Dazu müssen wir quer über die Insel spazieren, die an dieser Stelle jedoch nur zwei Kilometer breit ist. Der Weg durch den Pinienwald ist wundervoll zu gehen, ein schattiger Pfad, eingehüllt in eine Duftwolke aus erdigem Waldgeruch und Pinienharz. Nach dem Regen von vorgestern schießen Unmengen von Bovisten aus dem feuchten Boden.
Der Weg führt zu Sandhügeln, die zunächst weiterhin von Pinien bewachsen sind und nach einigen Metern in eine typische Dünenlandschaft übergehen. Hier blüht im Spätsommer die wunderschöne Trichternarzisse. Dass aus trockenem Boden eine solch filigrane Blüte erwächst, hat schon die Autoren des Alten Testaments fasziniert, wie die Erwähnung der damals so genannten "Rose von Scharon" in den Büchern Salomos und Jesajas beweist.
Der Strand hinter den Dünen ist deutlich weniger belebt als der gestrige. Am Ende des Weges gibt es eine lässige Strandtaverne und am Wasser sind Schirme und Liegen zu mieten, aber große Teile sind unbewirtschaftet. Der Sand ist ebenso fein und frei von Steinen wie am Koukounariés-Strand und läuft genauso flach ins Wasser. Allerdings gibt es hier keine schallende Musik und keinerlei Wassersport-Angebote, dafür viel Ruhe. Außer den Rufen spielender Kinder und dem gleichmäßigen Rauschen der Brandung ist nichts zu hören. Hier gefällt es uns außerordentlich gut.
Den Strand entlangzugehen,
das Salz zu riechen
ohne den Lärm der Stadt,
das ist unbezahlbar.
Auch nur eine Sekunde hier zu verweilen
und den Horizont zu betrachten,
das tut mir gut.
(Domenico Furchi)
Der typische Ägäis-Nordwind, der Meltémi, sorgt dafür, dass die gefühlte Temperatur selbst in den Mittagsstunden angenehm bleibt. Zu dieser Zeit unternehme ich einen kleinen Spaziergang auf die Felsen, die den Strand im Westen begrenzen. Von der Anhöhe habe ich einen schönen Blick über die gesamte Gournes-Bucht, weiter oben weht der Meltémi kräftiger und zwingt die freistehenden Bäume, sich seinem andauernden Druck zu beugen. Sonnenliebende Pflanzen wie die Kermesbeere haben die Lichtungen erobert. Auf der gegenüberliegenden Seite der Klippe öffnet sich plötzlich der Blick auf den benachbarten Mandráki-Strand sowie die nahe Pílion-Halbinsel.
Nach meiner Rückkehr suchen wir die Bar auf. Hier werden neben Getränken und Snacks auch warme Mahlzeiten angeboten und was an die Tische serviert wird, sieht ausgezeichnet aus. Wir entscheiden uns daher, mehr als nur einen Imbiss zu uns zu nehmen und bestellen Souvláki mit Pommes und griechischen Salat. Die Atmosphäre in der Bar ist ungeheuer entspannt - in einem zeitgemäßen Bilder-Wörterbuch könnte man sie ohne Weiteres als Definition von "chillig" verwenden. Wir sitzen im Schatten von Palmenschirmen und genießen das leckere Essen, zwei große kalte Biere und die traumhafte Aussicht. Mir geht die Musik von "Bacardi Feeling" nicht mehr aus dem Kopf. Ich will hier nie wieder weg!
The sea was sapphire coloured, and the sky
Burned like a heated opal through the air;
We hoisted sail; the wind was blowing fair
For the blue lands that to the eastward lie.
(Oscar Wilde)
Nach geraumer Zeit kehren wir schließlich an den Strand zurück, der inzwischen deutlich stärker besucht ist als am Vormittag. Wir erfreuen uns am Wasser, der Sonne und dem Leben - besser kann man Nichtstun nicht zelebrieren! Zwischendurch gönnen wir uns einen Kafé frappé und bleiben lange hier. Die Sonne steht schon tief, als wir durch den Pinienwald zum Hotel zurück spazieren.
Zum späten Abendessen besuchen wir das Restaurant eines benachbarten Hotels, das viele typisch griechische Vorspeisen anbietet. Wir kombinieren Tsatsíki, gefüllte Weinblätter, gebratene Auberginen und Gígantes. Die Riesenbohnen in einer von Liebstöckel dominierten Tomatensoße sind außergewöhnlich delikat. Mit je einem halben Liter Bier und Wein zahlen wir nicht mehr als 26 € und bekommen zum Abschied noch zwei Oúzo serviert.