Zu den Bildern

Die von Tag zu Tag zunehmende Diesigkeit hat sich heute zu richtig trübem Wetter verdichtet. Die grauen Wolken hängen tief und es fällt leichter Regen, wobei die Temperaturen unverändert sind. Meinen Tagesplan lasse ich mir davon nicht durcheinanderbringen. Zunächst überquere ich die Insel nach Westen und steuere Monólithos an. Etwas außerhalb der Ortschaft liegt die Ruine einer Johanniterburg malerisch auf einem steil aufragenden Felskegel. Mit dem Auto kann man nahe heranfahren, sodass die letzten Höhenmeter per Treppe keine Herausforderung darstellen. Oben angekommen tue ich, was ich morgens am liebsten mache: Ich setze mich auf die Felsen und genieße eine Spanakópita. Hinter mir wird die alte Burgkapelle gerade neu gekalkt, vor mir ist die Aussicht infolge des Wetters leider nur bescheiden.

Nach dem Frühstück folge ich der Stichstraße, die hinunter zum Meer führt. Hier, am Kap Foúrni, befinden sich schöne Strände mit Sand und feinem Kies, die aufgrund ihrer Abgelegenheit selbst im Sommer nicht überlaufen sein dürften. Begrenzt werden sie von wuchtigen Felsformationen, in denen man frühchristliche Grabhöhlen entdeckt hat. Leider ist es in der windgeschützten Bucht sehr schwül und die mit Regen drohenden dunklen Wolken lassen mir eine einsame Erkundung der Felsen als zu riskant erscheinen.

Auf dem Rückweg halte ich an einem Stand. Hier werden lokale Erzeugnisse zu Verkostung und Verkauf angeboten. Ich probiere sechs verschiedene Honigsorten (Thymian, Pinie, Erika, Erika u. Pinie, Frühlingsblumen, Orange) und bin überrascht, wir groß die Unterschiede sind, wenn man die Sorten im direkten Vergleich schmeckt. Mein Favorit ist der Erika-Honig. Daneben erwerbe ich ein natives Olivenöl und eine Flasche Soúma, einen regionalen Tresterbrand - natürlich alles nach vorheriger Verprobung. Bei einem so guten Kunden darf ein Erinnerungsfoto mit der Produktionsverantwortlichen natürlich nicht fehlen.

Hätte Gott nicht den braunen Honig gemacht,
würden die Feigen den Menschen viel süßer schmecken.
(Xenophánes von Kolophón)

Das nahegelegene Siána ist das Herstellungszentrum der eben erworbenen Produkte. Er ist für die gute Qualität seiner Erzeugnisse überregional bekannt, weshalb sich gleich mehrere entsprechende Geschäfte an der Durchgangsstraße Tür an Tür befinden. Mancher Versuch, sich von der Konkurrenz abzusetzen, ruft dabei durchaus Erheiterung hervor. Dessen ungeachtet ist mir der lebendige Ort auf Anhieb sympathisch, sodass ich hier spontan auf einen Kafé frappé einkehre. Die in den 1970er-Jahren erbaute Dorfkirche ist überraschend groß und kombiniert traditionellen Stil mit modernen, bunt verglasten Fenstern. Auf dem Platz spielen Kinder mit Dreirad und Roller, irgendwo zwischen den Häusern gackern Hühner: Ein griechisches Dorfidyll auf Rhódos - dass ich das noch mal erleben darf!

Es wird Zeit für das letzte geplante Ziel der diesjährigen Tour: Das antike Kámiros war neben Ialysós und Líndos der Kleinste der drei Stadtstaaten der Insel. Da die Siedlung nie überbaut wurde, ist sie heute die bedeutendste Ausgrabungsstätte auf Rhódos. Sie befindet sich gut 100 Meter oberhalb der Küste in einer zum Meer hin offenen Talsenke. Im unteren Bereich, dort wo man Kámiros heute betritt, stehen die Ruinen hellenistischer Tempel. Weiter den Hang hinauf ziehen sich die ehemaligen Wohngebiete, die am oberen Ende von einer Akropolis begrenzt wurden. Von letzterer ist kaum etwas erhalten, dafür sind die hier entdeckten Zisternen mit 600 m3 Fassungsvermögen sehr beeindruckend. Über diese wurde die Wasserversorgung der gesamten Stadt sichergestellt, was durch weiter unten in den Wohngebieten zu sehende tönerne Rohre verdeutlicht wird.

Überhaupt gefällt mir die Ausgrabungsstelle ausgezeichnet, sie ist übersichtlich, anschaulich und sehr interessant. Außerdem mag ich es, wenn an solchen toten Orten sehr lebendige Echsen zwischen den Steinen umher huschen. Nicht zuletzt ist die Lage mit Blick auf das Meer wunderschön, wenn nicht das schlechte Wetter diesen Punkt heute ausschalten würde - immer wieder fallen Tropfen vom trüben Himmel und die Fernsicht ist nicht der Rede wert.

Am Nachmittag mache ich mich auf den Weg zu meiner letzten Unterkunft. In Theológos habe ich für die kommende Nacht ein Appartement reserviert, welches außerhalb des Ortes nahe am Meer liegt. Das Zimmer ist einwandfrei und die Gastgeber-Familie empfängt mich herzlich, doch handelt es sich um eine der unattraktivsten Gegenden der Insel. Fünf Kilometer nördlich liegt der Flughafen, im Süden des Ortes qualmt das alte Elektrizitätswerk und der Strand ist zwar nah, aber voller Felsen und grobem Kies. Der Ort selbst ist, wie ich bei einem Spaziergang in sein "Zentrum" erkenne, nicht besser: Verschlafen und ohne jeden Reiz. Lediglich an der Durchgangsstraße gibt es einige Hotels, Bars und Restaurants für die hier gestrandeten Touristen.

Nach der Vorbereitung des Gepäcks für den morgigen Rückflug mache ich mich auf die Suche nach einem Restaurant. Die Lokale an der Straße scheinen mir entweder zu profan-touristisch oder sind gar nicht erst geöffnet. Kurz bevor ich die Hoffnung verliere, finde ich etwas abseits der Straße nahe dem Strand eine Hoteltaverne. Hier sitzen sogar ein paar Griechen. Ich ordere Tsatsíki, frittierte Zwiebelringe, ein Schweinekotelett (Brizóla Choiríni) sowie ein Mýthos und bin positiv von der Qualität überrascht. Das tellergroße Nackenkotelett kommt vom Grill, ist saftig, gut gewürzt und von handgeschnittenen Pommes begleitet. Das Essen ist ein echter Trost in dieser tristen Gegend. Trotz zweier Vorspeisen zahle ich am Ende nicht mehr als 17 € und erhalte zusätzlich einen hausgemachten Limoncello als Digestif.

Während des Essens zog ein Gewitter vorüber und auf dem Heimweg beginnt es stark zu regnen. Ich flüchte in die nächstgelegene Bar, um den Urlaub mit zwei Fix-Bieren und einem Soúma abzuschließen. Zum Hochprozentigen wird ein Teller mit Käse, Pickles und Sesamstangen gereicht, sodass ich am späten Abend rundum satt ins Bett falle.

Monólithos:


Kap Foúrni:


Siána:


Kámiros:


Theológos: