Zu den Bildern

Für heute Vormittag haben wir ein getrenntes Programm vorgesehen: Während sich die Damen erneut am Strand vergnügen, möchte ich die Nordküste der Insel auf Schusters Rappen erkunden. Das Wetter unterstützt beide Vorhaben: Bereits während des Frühstücks verziehen sich die letzten Wolkenfetzen, die von der Gewitternacht verblieben waren.

Gegen 9:15 Uhr beginne ich meine Tour. Eigentlich habe ich vor, nur ein kurzes Stück auf der Straße nach Westen zu gehen, um dann in die Berge abzuzweigen und in einer weiten Schleife zum Hotel zurück zu kehren. Allerdings kann ich nirgendwo einen vielversprechenden Pfad finden, der in die Berge führt. So bleibt mir nur, bis auf weiteres der Straße zu folgen.

Der Spaziergang ist angenehm, noch ist es nicht allzu heiß, obwohl die im Rücken stehende Sonne schnell höher steigt und rasch an Kraft gewinnt. Aber der größte Teil des Weges liegt im Schatten und es weht eine angenehme Brise vom Meer her. Die Landschaft ist für eine griechische Insel ungewöhnlich grün und üppig. Die Berge sind bis hinunter zum Meer überwiegend von Kiefernwäldern bedeckt, die in der Sonne einen würzig-harzigen Duft verströmen. Dazwischen gedeihen Eichen und Feigenbäume. Letztere setzen neben den Kiefern olfaktorische Akzente, die ich seit Jahren zu meinen Lieblingsdüften zähle.

Ich meine die Bäume, den Duft nach Harz, diese berauschende Natur, die uns zu dem gemacht hat, was wir sind.
(Mikis Theodorakis)

Alleine das starke Verkehrsaufkommen stört das Wohlbefinden, vor allem, da es keine Alternative gibt, als am Straßenrand entlang zu wandern. Auffällig ist die Anzahl an nichtgriechischen Pkws. Weit mehr als die Hälfte der Wagen besitzen Nummernschilder aus Rumänien, Serbien, Bulgarien oder der Türkei. Diese Nationen stellen inzwischen den größten Teil der ausländischen Gäste auf der Insel, wie wir im Laufe der kommenden Tage wiederholt feststellen können.

So vergehen Kilometer um Kilometer. Meistens fallen die Berge recht steil ins Meer ab. Jede Stelle, die etwas flacher ist, wird zum Baden genutzt. Strandbars, Beach Hotels und Studios wechseln sich in loser Folge ab, aber unangenehm überlaufen ist es nirgendwo. Nach sechs Kilometern erreiche ich Kap Pachís, den nördlichsten Punkt der Insel. An dieser Stelle macht die Straße einen scharfen Knick nach Süden. Hier an der Westküste ist die Vegetation nicht so üppig und die Sonne scheint zunehmend intensiv. So bin ich froh, nach weiteren zwei Kilometern mein vorläufiges Ziel zu erreichen.

Die kleine Siedlung Aktí Pachí besteht fast ausschließlich aus Ferienanlagen, Studios und Hotels, die überwiegend recht neu und sehr gepflegt erscheinen. Sie reichen bis zu einem schmalen, schönen Sandstrand, welcher von großen Bäumen mit Schatten versorgt wird. Das gefällt mir! Am Ende der Bucht finde ich eine Strandbar, in der ich unter hohen Kiefern bei einem Kafé frappé zu alter Frische zurück finde. Vom Sitzplatz aus schweift mein Blick über das tiefblaue Meer bis hin zum gegenüberliegenden Festland. Eingelullt vom Zirpen der Zikaden und einer leichten Brise sitzt es sich hier herrlich entspannt. Das Modewort für diese Situation wäre wohl "Entschleunigung".

Bereits auf dem Hinweg hatte ich den Entschluss gefasst, für den Rückweg zur Mittagszeit den Linienbus zu nehmen. Das öffentliche Nahverkehrsnetz ist recht übersichtlich, da die gesamte Insel von einer einzigen Straße umrundet wird. Der Bus ist mit zehn Minuten Verspätung fast pünktlich und setzt mich unmittelbar vor meinem Hotel ab, obwohl es dort keine offizielle Haltestelle gibt. Von solcher Kundenorientiertheit kann man in Deutschland nur träumen. Infolge der motorisierten Rückfahrt bin ich pünktlich zur Mittagspause wieder mit meinen Lieben vereint.

Nach den bisherigen guten Erfahrungen mit dem Hotelrestaurant nehmen wir erneut auf der zugehörigen Terrasse Platz. Wir bestellen Gígantes (Weiße Riesenbohnen in Tomatensauce), gebackenen Féta und frittierte Auberginen, die mit einem Klecks Skordaliá (Kartoffel-Knoblauch-Püree) serviert werden. Ein Mýthos darf dazu nicht fehlen. Den Rest des Tages verbringen wir gemeinsam am Strand. Das perfekte Badewetter lässt keine passendere Beschäftigung zu.

Am Abend gibt es erneut Gígantes, diesmal als Vorspeise. Da wir alle drei die pikanten Bohnen schätzen, essen wir sie jedoch gerne ein weiteres Mal. Es folgt ein gut gewürztes Rinderhacksteak vom Grill mit Pommes und gemischtem Salat, das von einer Flasche Retsína begleitet wird. Ein leckerer Pfirsich schließt den Magen. Nach einem Strandspaziergang beenden wir den Abend mit einem Oúzo auf unserem Balkon.

Entlang der Nordküste:


Aktí Pachí:


Nistéri: