Das Frühstück ist so, wie ich es von Griechenland erwarte, ebenso das Wetter: Simpel das Eine und strahlend schön das Andere. Ich setze meine Reise in Richtung Süden fort. Ist es der blaue Himmel, sind es die blühenden Ginster- und Oleanderbüsche am Straßenrand? Ich weiß nicht, was der Grund ist, aber plötzlich ist sie da: Die absolute Urlaubs-Hochstimmung. Auf halber Strecke mache ich mich auf die Suche nach dem ersten Etappenziel: In der Umgebung von Stýra gibt es einige so genannte Dragospitas, was Drachenhäuser bedeutet, weil der Legende nach übermenschliche Hilfe vonnöten war, um die mächtigen Steine, aus denen sie gebaut sind, aufeinander zu türmen.
Von der Hauptstraße aus zeigt ein Wegweiser in die Berge, aber mein erster Versuch endet in einer Sackgasse, da ein weiterführendes Schild fast vollständig von Gebüsch überwuchert ist und ich dieses erst auf dem Rückweg entdecke. Doch dieser Weg verwandelt sich nach kurzer Zeit in eine grobe Schotterpiste, die ohne ein geländegängiges Auto nicht zu bewältigen ist. Ich muss also an dieser Stelle abbrechen. Südlich von Stýra erreiche ich später ein kleineres Exemplar, das unmittelbar an der Straße liegt. Das Drachenhaus ist Teil eines Gebäudekomplexes, der auf einer kleinen Anhöhe abseits jeder Siedlung in den Bergen gelegen ist. Der Verwendungszweck der bronzezeitlichen Bauwerke ist bis heute nicht sicher geklärt.
Auf meiner weiteren Fahrt muss ich eine endlos scheinende Schafherde passieren lassen, bevor ich gegen 11 Uhr Kárystos erreiche, den mit Abstand größten und wichtigsten Ort im Süden der Insel. Mit ca. 5000 Einwohnern hat Kárystos bereits durchaus städtischen Charakter. Die lange Promenade mit ihrer Reihe von Cafés und Tavernen und dem an ihr gelegenen zentralen Platz wirken wie eine Miniaturausgabe von Thessaloníki. Der Platz ist von schattenspendenden Bäumen flankiert, unter denen eine Vielzahl von Tischen und Stühlen zur Regeneration einladen. Wer mich kennt, ahnt bereits meinen nächsten Schritt: Hier muss ich einen Kafé frappé trinken, hier sitzt man einfach perfekt!
Unter allen Völkerschaften haben die Griechen den Traum des Lebens am schönsten
geträumt.
(Johann W. von Goethe)
Gegen Mittag starte ich einen Stadtspaziergang mit gleichzeitiger Hotelsuche. Ich entscheide mich nach einiger Zeit für das "Karystion". Das Haus macht einen gepflegten, niveauvollen und professionellen Eindruck, weit mehr, als es der günstige Preis von 30 € incl. Frühstück vermuten ließe. Es liegt ein wenig östlich der venezianische Hafen-Festung Bourtzi am Ende der Promenade in einer kleinen Grünanlage. Weil ich von hier aus den Süden der Insel erkunden will, checke ich für zwei Nächte ein. Vom Balkon meines Zimmers schaue ich auf einen schönen kleinen Sandstrand.
Da die Sonne weiterhin sehr hoch steht, beginne ich meine Siesta in einer Ouzéri mit einem Dutzend gegrillter kleiner Fische und einem Fix-Bier. Satt und zufrieden lege ich mich anschließend zunächst an den sauberen Stadtstrand, später gehe ich zum Baden in die Sandbucht bei meinem Hotel. Das Wasser hat bereits eine überraschend angenehme Temperatur.
Zum Abendessen bietet die Promenade mehr als genug Auswahl. In einer der dortigen Tavernen nehme ich einen Taramosaláta und eine Portion geschmortes Lammfleisch in Zitronensauce. Dazu werden Spaghetti mit geriebenem Hartkäse gereicht. Das Ganze wird mit einem halben Liter eines lokalen, wenig geharzten Retsínas komplettiert. Die 15 € sind dafür ein angemessener Preis. Anschließend bummele ich durch die wiedererwachte Stadt mit teilweise sehenswerten kleinen Geschäften, decke mich in dem einzigen vorhandenen Souvenirladen mit einem deutschsprachigen Évia-Reiseführer und einer Straßenkarte ein und lasse den Tag am zentralen Ortsplatz langsam ausklingen.