Der Morgen lockt mit strahlender Sonne. Bei diesem Licht ist Gýthio wahrhaft ein postkartenschöner Ort, wie er sich vom Hafen mit den bunten Fischerbooten eng gedrängt die Hänge hinauf zieht. Von der Mole aus kann man das Stadtpanorama wunderbar erleben.
Für heute haben wir eine Rundfahrt um die innere Máni geplant, das ist der südlichste Zipfel des mittleren Fingers. Auf der Fahrt nach Süden ändert sich schon bald das Landschaftsbild: Die Berge werden karg, steil und abweisend, dazwischen ducken sich die ersten typischen Máni-Dörfer mit ihren burgartigen, wehrhaften Häusern. Die schmale Straße windet sich kurvenreich und holperig durch eine abgelegene und einsame Landschaft. Da es sich bestätigt, dass Davids Magen für Fahrten solcher Art nicht geschaffen ist, machen wir bereits in Kótronas eine Rast. Am flachen Sandstrand des Dorfes testen wir zum ersten Mal die Temperatur des Meeres. Obwohl es der zweitgrößte Ort der Máni ist, sind nur wenige menschliche Lebenszeichen zu entdecken.
In Anbetracht der Tatsache, dass die weitere Fahrt uns und Davids Magen den ganzen Tag mit solchen Straßenverhältnissen konfrontieren würde, brechen wir die Máni-Tour an dieser Stelle frühzeitig ab und entscheiden uns für die Alternative, die Höhlen von Pírgos Diroú zu besichtigen. Auf dem Weg dorthin haben wir einen tüchtigen Schutzengel, als ich - abgelenkt durch ein Gespräch mit den Kindern - ein zu sehr in der Mitte fahrendes und zu schnell entgegenkommendes Auto zu spät bemerke und wir mit den Außenspiegeln kollidieren. An beiden Fahrzeugen sind die Spiegel abgerissen, sonst jedoch ist nichts passiert. Nach einer kurzen Diskussion einigen wir uns, dass jeder seinen Schaden trägt - in meinen Augen eine faire Entscheidung.
Ach, wie schön ist alles, besonders wenn man nicht mehr daran denkt.
(Ioanna Karystiani)
Die Höhlen von Pírgos Diroú zählen zu den schönsten Tropfsteinhöhlen weltweit und das macht sich in den Eintrittspreisen durchaus bemerkbar (12 bzw. 9 €). Aber für das Geld bekommen wir wirklich etwas geboten. Von der Eingangsplattform gehen wir einige Stufen bergab und besteigen dann einen schmalen Kahn, der von einem Führer fast lautlos auf einem unterirdischen Fluss durch die Höhlen gestakt wird. Selbst für jemanden wie mich, der schon viele Tropfsteinhöhlen besichtigt hat, ist es ein einmaliges Erlebnis.
Alles ein auf der Wimper zitternder Tropfen Schönheit.
(Odysseas Elytis)
In einigen großen Hallen hängen bleistiftdünne Stalaktiten zu Hunderttausenden von der Decke, an anderer Stelle gleitet man zwischen baumstammdicken Säulen durch die Unterwelt. Nach der halbstündigen Bootsfahrt muss man 300 Meter zu Fuß zum Ausgang laufen - ohne Begleiter, so dass wenigstens hier ein Foto möglich ist. Draußen empfängt uns herrliche Mittagssonne.
Auf dem Rückweg machen wir eine Rast in Areópoli. Der Ort ist so reizlos, wie ich es vom Hauptort der Máni erwartet hatte, aber immerhin bekommen wir hier Tsatsíki und eine üppig mit Käse dekorierte Schinkenpizza. Zurück in Gýthio lassen wir uns zielstrebig in einem Café auf der Hafenmole nieder. Der Platz ist genial: Bei strahlender Sonne, Kafé frappé und kalter Schokolade kommt so richtig Urlaubsstimmung auf und lässt uns den freudlosen Südzipfel der Máni schnell vergessen. Der wunderbare Blick über Hafen und Ort bis hin zu den Schneegipfeln des Taÿgetos ist Balsam für die Seele.
So gestärkt machen wir einen Spaziergang zur winzigen Insel Marathoníssi, von der die Legende erzählt, hier habe die schöne Helena ihre erste Liebesnacht mit Paris auf der Flucht von Spárta nach Troja verbracht. Das Inselchen ist heutzutage über einen Damm zugänglich und beherbergt genau vier Gebäude: Eine Taverne, eine Kapelle, einen Leuchtturm sowie ein kleines Museum in einem traditionellen maniotischen Wohnturm. Besuchenswert ist die Insel aber vor allem deswegen, weil man hier schön in der Sonne auf dem felsigen Ufer sitzen, der Brandung lauschen und die gegenüberliegende Stadt betrachten kann.
Schreitet man auf die grüne Landzunge hinaus, auf der sich neben allerhand duftenden Bäumen nur eine
Kirche und ein nautisches Museum befinden, erkennt man, wie sich Gythio warm und hell an den Hang schmiegt.
(Dennis Freischlad)
Auf dem Rückweg zum Hotel machen wir einen Umweg durch die kleine Altstadt. Danach füllen wir die Pause bis zum Abendessen mit dem Schreiben von Postkarten. Zum Essen lassen wir uns in einer Taverne auf dem Ortsplatz nieder und erfreuen uns an griechischem Salat, Moussaká, Pastítio (Hackfleisch-Makkaroni-Auflauf), in Tomatensauce geschmortem Rindfleisch und Pommes. Cola und Mythos dürfen natürlich nicht fehlen. Zur Verdauung spazieren wir anschließend durch das neuere Stadtzentrum und lassen den Tag wie gestern auf dem Hotelbalkon ausklingen.