Léfkas / Attika 24.05.2007

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Leider war das schöne Wetter nicht von Dauer und am Morgen sieht es nicht so aus, als beschränke sich der Regen auf die Berge. Einheitlich nass und grau ist es, als ich losfahre, und so bleibt es, bis ich das Festland erreiche und auch dort sieht es nicht nach einer wesentlichen Besserung aus, lediglich der Regen lässt nach. Bei Vónitsa biege ich in Richtung Süden ab. Obwohl die Landstraße für griechische Verhältnisse belebt ist, respektieren die Ziegen nicht in jedem Fall die Herrschaft der Menschen. Die Straße erreicht bald wieder das Meer und folgt dem Küstenverlauf bis Astakós, wendet sich dann nach Osten und überquert kurz vor Neochóri den Achelóos. Er ist der wasserreichste Fluss Griechenlands, dessen Delta hier eines der letzten großen intakten Feuchtgebiete Südeuropas bildet. So bedeutsam das Naturreservat sein mag, so langweilig ist die flache Landschaft und die erdrückende Schwüle macht die Fahrt hier durch auch nicht besser.

Am frühen Mittag erreiche ich Messolóngi. Die nicht sonderlich attraktive Kleinstadt kennt in Griechenland jedes Kind. Nach einer einjährigen Belagerung durch türkische Truppen scheiterte hier 1826 ein groß angelegter Ausbruchsversuch blutig. Um dem Gegner nicht in die Hände zu fallen, sprengten sich die letzten Überlebenden mitsamt dem Pulvermagazin in die Luft. Deswegen und weil die Stadt schon vorher ein Zentrum des Widerstands war, erinnert heute die parkartige Gedenkstätte "Hero's Tomb" vor den Toren der Stadt an die Helden des Widerstands und ihre zahlreichen Helfer und Unterstützer aus allen Teilen Europas. Unter anderem findet sich das pompöse Ehrengrab Lord Byrons, der hier zwei Jahre zuvor an Sumpffieber gestorben war - ein passender Tod, wie mir angesichts der extremen Schwüle durch den Kopf geht.

Jeder freie Mensch ist ein Bürger von Messolóngi
(Inschrift am Stadttor von Messolóngi)

Eine der wenigen reizvollen Ecken der Innenstadt ist ein kleiner basarartiger Fußgängerzonenbereich, der zahlreiche Cafés beherbergt. Mit einer ausgezeichneten Spanakópita in der Hand durchstreife ich die Stadt, aber entweder verwässert mir die Luftfeuchtigkeit den Blick, oder es gibt wirklich nicht viel mehr Sehenswertes, als die prunkvoll ausgestaltete Hauptkirche. Auf dem Rückweg zum Auto beginnt der Regen.

Nach kurzer Fahrt erreiche ich die Río-Antírio-Brücke und darüber die Peloponnes. Meinen ursprünglichen Plan, hier eine längere Pause einzulegen und zu Fuß über dieses Meisterwerk der Brückenbaukunst bis zur Mitte des Meeres zu gehen, muss ich angesichts des strömenden Regens leider fallen lassen. Auf der Suche nach der Küstenstraße in Richtung Osten lande ich, ehe ich mich versehe, auf der Autobahn. Da ich das eigentlich nicht vorhatte, nutze ich die Wendemöglichkeit vor der Mautstelle, was allerdings kein guter Plan ist, denn in der entgegengesetzten Richtung gibt es keine Abfahrt, bis man die Industriegebiete vor Pátras erreicht. Hier stehe ich erst mal im Stau, finde schließlich doch die ursprünglich gesuchte Straße und schaffe es nach einiger Zeit tatsächlich auf die alte Küstenroute. Schließlich komme ich in Égio an.

Mein Plan ist, in Égio zu übernachten und am Morgen mit der Zahnradbahn zu fahren, die bei meinem letzten Besuch vor drei Jahren wegen Grunderneuerung des Gleisbetts außer Betrieb war. Um den Fahrplan zu studieren, fahre ich die paar Kilometer weiter zum Bahnhof nach Diakoftó und erlebe meine nächste Überraschung. "No train - closed!" lautet die dürftige Auskunft am Schalter und ein kleiner Aushang ergänzt die Information, die Zahnradbahn ist "seit dem 18. April 2007 und bis Neuigkeiten folgen, wegen Modernisierung der Strecke" außer Betrieb. So'n Schiet - aber gut, dass ich heute schon geschaut habe, denn so entscheide ich mich, den Rest des regnerischen Nachmittags für die Weiterfahrt bis Kórinth zu nutzen und dort morgen - so das Wetter es zulässt - das antike Kórinth zu besichtigen.

Auf der alten Straße an der Nordküste des Peloponnes schafft man maximal ein Drittel der Reisegeschwindigkeit der neuen Autobahn, aber dafür ist die Strecke deutlich schöner. Die Küste ist fast durchgehend bebaut, die kleinen Orte reihen sich nahtlos aneinander und es geht fast immer direkt am Meer entlang. Trotz der schönen Küste ist Tourismus hier offensichtlich nicht die wichtigste Einnahmequelle und nirgendwo sehe ich unangenehme Ballungen oder verbaute Strände. Leider ist die Fahrfreude durch den ununterbrochenen Regen weiterhin getrübt.

Aber es kommt noch schlimmer. Ab Xylókastro ballen sich die Wolken zu einem ausgewachsenen Gewitter zusammen und die herabströmenden Regenmassen sind mehr, als die Kanalisation zu fassen vermag. Binnen weniger Minuten stehen die Straßen 10 - 15 Zentimeter tief unter Wasser und es geht nur noch im Schritttempo voran. Als ich gegen 18:15 Uhr Kórinth erreiche, hat das Unwetter an Kraft verloren und ist in einen gleichförmigen Landregen übergegangen. Ich quartiere mich im zentral gelegenen Hotel Ephira ein.

Ich lösche, zerreiße, ersticke die lauten Schreie
"Wo bist du komm ich warte auf dich
dieser Frühling ist nicht wie die anderen"
(Katerina Angelaki-Rooke)

Der Vorteil einer größeren Stadt ist die Möglichkeit, geschützt von Balkonen und Markisen auch bei Regen einigermaßen trocken durch die Straßen bummeln zu können. Das moderne Kórinth hat keine Sehenswürdigkeiten zu bieten, es ist eine typische mittelgroße griechische Stadt, ähnlich wie Vólos, mit Hafen und schachbrettartigem Zentrum, laut, lebendig und mit vielen kleinen und größeren Geschäften, die die ganze Palette von traditionell bis hochmodern abbilden.

Zum Abendessen lockt mich ein Hähnchengrill, bei dem man vor Regen geschützt draußen sitzen kann. Das halbe Hähnchen mit Pommes und Tsatsíki, dazu heute mal ein Kaiser-Bier sind durchweg von guter Qualität. Während des Essens hört der Regen auf, sodass ich einen angenehmen Verdauungsspaziergang bis zum Hafen unternehmen kann. Zurück im Hotel setze ich mich auf meinen Balkon und beobachte rauchend die bis spät geschäftigen Menschen auf den Straßen.

Unterwegs:


Astakós:


Achelóos:


Messolóngi:


Río-Antírio-Brücke:


Am Bahnhof Diakoftó:


Unterwegs:


Kórinth: