In Athen besteigen wir den Zug nach Patras. Ein letztes Mal fahren wir die herrliche Küstenstrecke, die wir inzwischen so gut kennen. Über die Kanalbrücke fährt der Zug immer besonders langsam. Ich weiß nicht, ob das technische Gründe hat, oder damit die Touristen genug Zeit zum Fotographieren haben. Als wir zum x-ten Male in diesem Urlaub die Brücke passieren sind wir jedenfalls die einzigen Touristen, die nicht mit Kamera bewaffnet aus den Fenstern hängen.
Dafür kommen wir während der Fahrt mit einer griechischen Familie ins Gespräch: Vater, Mutter, Sohn und Oma, die eine 4er-Sitzgruppe belegen, während wir im überfüllten Gang nur einen Stehplatz haben. Der Sohn, des Englischen mächtig, fungiert als Dolmetscher und so kommt eine nette Unterhaltung in Gang. Nach einiger Zeit bietet er uns, auf Drängen seiner Eltern, seinen Sitzplatz an. Die Höflichkeit verpflichtet uns, das Angebot anzunehmen. Da wir die Freundlichkeit jedoch nicht ausnützen wollen, lassen wir den Sitzplatz alle paar Minuten rotieren. Auch bei der Verteilung von Wasser und Proviant werden wir bedacht. Soviel Gastfreundschaft ist uns fast schon peinlich. So wie wir aussehen, nach 3½ Wochen Leben aus dem Rucksack - ich stelle mir vor, wie griechische Jugendliche in einem deutschen Zug behandelt würden...
In Patras angekommen ergänzen wir unsere Vorräte und kehren zum Mittag in unmittelbarer Nähe des Hafens in eine Taverne ein, die wohl selten bis nie von Touristen aufgesucht wird. Ein langer, dunkler Raum, nur durch die milchige Scheibe zur Straße fällt Licht herein. An der rechten Seite befindet sich eine Theke mit einem halben Dutzend großen Aluminiumtöpfen, in denen verschiedene Eintöpfe auf die Gäste warten. Nicht chic, nicht schön, aber das Essen ist so lecker wie billig. Da bleibt sogar noch Geld über, um am Nachmittag ein Kafenion aufzusuchen.
Anschließend kaufen wir in einem der zu Dutzenden vorhandenen "Tickets to Italy"-Shops unsere Fahrkarten und schiffen uns am frühen Abend auf der "ΚΟΡΦΟΥ ΣΗ" (phonetisch übersetzt: "Corfu Sea") ein. Das kostet einiges an Nerven, da bei der Besatzung offenbar keine Einigkeit besteht, in welcher Reihenfolge Autos, Motorräder, Wohnmobile und unmotorisierte Passagiere einchecken sollen. Letztendlich wird das Chaos jedoch besiegt, wir beziehen unser Frischluft-Quartier auf dem Oberdeck und verabschieden uns, nicht ohne Wehmut, vom Land der Götter. Nach einem letzten griechischen Sonnenuntergang legt die Fähre gegen 22 Uhr ab.