Heute wollen wir zu Fuß nach Vizitsa gehen, das von Kato Gatzea aus gut zwölf Kilometer Straßenlinie und ca. 600 Meter Höhenunterschied entfernt ist. Nach gut zwei Stunden Fußmarsch macht uns die zunehmend heiße Sonne und das ständige Bergaufgehen zu schaffen, aber wir haben Glück: Ein vorbeifahrender Einheimischer hält und bietet sich an, uns bis Milies mitzunehmen. Wir nehmen gerne an. Nach einer kurzen Verschnaufpause in Milies sind die restlichen gut zwei Kilometer bis Vizitsa nur ein Spaziergang, vor allem, weil große Teile der Straße im Schatten von Bäumen verlaufen und es nur mäßig bergauf geht.
Alles hat eine Seele, das Holz, die Steine, der Wein, den wir trinken, die Erde, über die wir
gehen. Alles...
(Nikos Kazantzakis)
Auf dem wunderbaren Dorfplatz in Vizitsa lassen wir uns zu Mittag nieder. Obwohl direkt vor meinen Füßen die Hühner appetitanregend umhergackern, gönne ich mir - unter Rücksichtnahme auf meine Urlaubskasse - kein gegrilltes "kotópoulo", sondern begnüge mich mit einem griechischen Salat. Erst nachdem wir den Zauber des Ortes ausgiebig genossen und den weiten Blick über die Berge des Pilion in uns aufgenommen haben, machen wir uns langsam auf den Rückweg. Obwohl die Sonne nun bereits etwas tiefer steht, spüren wir ihre noch immer ungebremste Intensität. So sind wir mehr als dankbar, dass wir diesmal erneut eine Mitfahrgelegenheit angeboten bekommen und uns so die letzten vier bis fünf Kilometer erspart bleiben.
Nach einer Erholungs- und Erfrischungspause auf dem Campingplatz gehen wir am Abend erneut nach Kala Nera. Obwohl gerade jetzt am Wochenende viele inländische Touristen den Ort bevölkern, erkennt uns der Sohn des Besitzers vom Hotel Izela (unserer Unterkunft vor vier Jahren), der uns auf der Hauptstraße entgegenkommt, spontan wieder. Er leistet zurzeit seinen Pflicht-Wehrdienst ab und ist darüber nicht sonderlich begeistert, erkennt jedoch die Notwendigkeit an, denn "...with the turks, you'll never be sure!". Traurig, dass die tief verwurzelte Feindschaft auch zwischen langjährigen NATO-Partnern weiterbesteht. Nach einem netten Gespräch verabschieden wir uns und begeben uns auf die Suche nach einem Münzfernsprecher. Da unser Urlaub bereits zur Hälfte vorüber ist, wollen wir uns - wie wir es versprochen haben - bei unseren Eltern melden. Leider sind beide Telefonzellen, die wir im Ort finden, nicht im funktionsfähigen Zustand.