Da es in der riesigen Metropole kaum abkühlt, ist die Nacht nicht sehr erholsam. Das extrem stark gechlorte Wasser, das am Morgen lauwarm aus den Hähnen dümpelt, schafft es auch nicht, meine Lebensgeister zu wecken.
Zuerst steht die Besichtigung der Akropolis auf dem Programm. In der Morgenluft gefällt mir die Stadt schon besser als am Vortag. Die Temperatur steigt aber so schnell an, dass wir bereits beim Aufstieg auf den Felshügel der Stadtburg zu schwitzen beginnen. Trotz der auf dem schattenlosen Plateau gnadenlos brennenden Vormittagssonne ist der Besuch der Akropolis lohnenswert, ein Eindruck, den ich mit einer Unzahl von Touristen hier oben teile. Vor allem das gigantische, alles beherrschende Parthenon und der elegante Tempel der Athenae Nike tun es mir an. Auch die Aussicht über die Stadt, die sich nach Norden und Süden bis zum Horizont erstreckt, lässt mich nicht kalt.
Nach der Besichtigung und einer kleinen Erholungspause am Fuße des Hügels folgt ein Stadtrundgang mit einigen obligatorischen und manch unerwarteten Sehenswürdigkeiten. Besonders fasziniert hat mich das Zeremoniell der traditionellen Wachablösung der Evzonen vor dem Parlament.
Athen ist chaotisch, laut, heiß und stickig und der Rundgang in der Hitze schlaucht uns alle. Als wir schließlich auf dem Weg zum Bahnhof unser Reiseproviant einkaufen wollen, wird uns plötzlich bitter bewusst, dass der 15. August ist: Maria Himmelfahrt. In Griechenland ist heute einer der höchsten Feiertage des Jahres, und selbst in einer Weltstadt wie Athen sind alle Geschäfte und Märkte geschlossen. Nur die Kioske haben offen, doch leider ist dort die Auswahl an Lebensmitteln, die als Proviant für eine zweitägige Zugfahrt geeignet wären, sehr begrenzt. In unserer Not decken wir uns vor allem mit diversem Gebäck und Keksen sowie Wasser ein.
Der letzte Sonnenuntergang in Griechenland ist ein würdiger Abschied: Die gesamte thessalische Ebene ist in ein feuerrotes Licht getaucht: Wunderschön! Im holzvertäfelten Speisewagen - vermutlich ein Relikt aus der glorreichen Zeit des Orient-Express - erleben wir auf schockierende Weise den unverkrampften Umgang des einfachen Griechen mit dem Thema Umweltsch(m)utz: Mülleimer sind in den Wagen nicht vorhanden, die leeren Getränkedosen werden durch die offenen Fenster einfach in die Landschaft entsorgt. Wohlgemerkt: Nicht von uns, sondern vom offiziellen Zugpersonal!